Ein Aspekt am Lehrgang Gesundheitspsychologie, der mein besonderes Interesse geweckt hat, war das für mich vorher nicht beachtete Spannungsfeld der Gesundheit zwischen individuellem Erleben und Handeln und gesellschaftlichem Auftrag zur Gesundheitsförderung. Gesundheit und Krankheit werden von jedem Menschen auf der individuellen Ebene ganz subjektiv erlebt. Neben einem objektiven Befund, gibt es immer auch die Eben des persönlichen Erlebens. So kann man sich krank fühlen, diagnostisch aber keine Erkrankung nachweisbar sein oder im Gegenteil sich auch mit einer schweren Diagnose gesund fühlen.
Auch der Umgang mit Gesundheit und Krankheit wird im Laufe eines Menschlebens höchst individuell geprägt. Anhängig davon was wir im Laufe unserer Sozialisation erfahren, entwickeln wir Vorstellungen und Verhaltensweisen in Bezug auf Krankheit und Gesundheit, die uns ein Leben lang prägen. So hat jeder von uns fernab von jeglicher medizinischen Ausbildung ein Wissen, was im Krankheitsfall zu tun ist. Heilkräuter, Tees, Salben und vieles mehr kommen zum Einsatz, um wieder gesund zu werden. In welchem Maße man auf seine Gesundheit achtet, Präventionsangebote in Anspruch nimmt, ab wann man im Krankheitsfall zum Arzt geht und vieles mehr hängt ebenso stark damit zusammen, welches individuelle Bild von Gesundheit und Krankheit man entwickelt hat.
Diesem subjektiven Erleben und Handeln, den Vorstellungen und Konzepten von Gesundheit und Krankheit steht am anderen Ende des Spektrums die Gesundheit der gesamten Bevölkerung gegenüber. Ein Begriff, der uns spätestens seit der Corona Pandemie geläufig wurde, ist Public Health, unter dem man einerseits den Wissenschaftsbereich, andererseits die Strategien und Maßnahmen zur Vermeidung von Krankheiten und zur Förderung der körperlichen und psychischen Gesundheit der Bevölkerung versteht. Public Health als das gemeinsame Handeln für eine Aufrechterhaltung und Verbesserung der Gesundheit der gesamten Bevölkerung. Die Gesundheit des einzelnen steht dabei nicht im Vordergrund, sondern die von Personengruppen, Bevölkerungsteilen oder ganzen Bevölkerungen. Aus dieser Perspektive heraus können Konflikte mit der Autonomie des Einzelnen entstehen, die gegenüber dem Nutzen für die Bevölkerung abzuwägen sind.
Dieses Spannungsfeld zwischen individuellem Erleben und den Bestrebungen auf gesellschaftlicher Ebene wurde meiner Meinung nach in der Corona Pandemie besonders spürbar.
Zur Bekämpfung der Pandemie wurden nie geahnte Eingriffe in die Privatsphäre der Bevölkerung gesetzt, um die Gemeinschaft zu schützen. Lockdowns wurden verhängt, Daten flächendeckend erhoben, um das Pandemie Geschehen überwachen zu können. Maßnahmen zum Gesundheitsschutz, wie das Maskentragen und Abstandhalten wurden ebenso umgesetzt wie Test- und Impfangebote.
Auch wenn all diese Maßnahmen nicht aus staatlicher Willkür gesetzt wurden, sondern notwendig waren, um die Gesellschaft zu schützen, wurden diese als massiver Eingriff in die Autonomie der Menschen empfunden.
Autorin: Eva-Christine Dobler
Kurs: Gesundheitspsychologie