Als Eltern haben wir eine große Verantwortung für das physische und psychische Wohlergehen unserer Kinder. In der pädagogischen Landschaft herrscht eine Unmenge an mitunter divergierenden Ansätzen und Auffassungen darüber, welche Art der Begleitung nun die beste wäre. Je nachdem, welche Haltung und welches „Erziehungsziel“ das Miteinander prägen, je nachdem wird auch die Kommunikation anders ausfallen.
Die Manipulationsfähigkeit von Kommunikation
Kommunikation per se ist ein unglaublich manipulatives Mittel. Worte, Gesten, Blicke können liebevoll oder gewalttätig sein und massive Auswirkungen haben. Dessen sollte sich jede*r im Umgang mit Kindern bewusst sein. Die letzten Generationen waren von Erziehung und entsprechenden Methoden geprägt. Erziehung bedeutet immer auch, jemanden in eine bestimmte Richtung zu ziehen. Es gibt viele Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Kommunikation vermag dies auf oft äußerst subtile Weise zu schaffen.
Manipulative Kommunikation: Lob und Bestrafung
Viele mögen sich vielleicht daran stoßen zu lesen, dass Belohnung und Bestrafung gleichermaßen manipulativ sein sollen. So leuchtet das für Strafen vielleicht noch ein, bei Belohnungen und Lob wird es aber schwieriger. Immerhin soll das motivieren, Wertschätzung ausdrücken und ist ja häufig durchaus gut gemeint. Ja, oftmals ist das vermutlich die Intention dahinter. Dennoch bringt auch Lob eine Hierarchie in die Beziehung, da eine*r eine*n Andere*n in der Situation bewertet und damit vermeintlich vorgibt zu wissen, was gut/schlecht wäre. Echte Wertschätzung baut jedoch auf Gleichwürdigkeit auf. Ein gießkannenartiges „Das machst du super.“, „Du bist so toll.“ usw. lenkt den Blick auf das Außen, es macht abhängig von der Meinung und Bewertung Anderer. Somit (zer)stört es nach und nach die intrinsische Motivation und ein stabiles Selbstwertgefühl, das ja eigentlich mit Belohnung und Lob erreicht werden will.
Wieso ist das nun aber manipulativ?
Hierzu ist notwendig zu hinterfragen, wann denn gelobt/ gestraft wird. Ziemlich sicher dann, wenn etwas so getan oder gesagt wird, wie eine Person es möchte bzw. eben nicht möchte. Es ist ein Mittel, das ganz gezielt (wenn vielleicht auch unbewusst) eingesetzt wird, um ein bestimmtes Verhalten zu generieren. Da das Kind abhängig von seinen Bezugspersonen ist, wird es alles tun, um Liebe zu erhalten bzw. Strafe zu vermeiden. Meistens verleugnet es dabei zwangsläufig eigene Gefühle und Bedürfnisse und versteht den Grund dahinter nicht einmal. So verbiegt es sich nach und nach in eine erwartete und subtil stetig vorgegebene Richtung
Manipulative Kommunikation: nonverbal
Dies funktioniert nicht nur mit Worten, auch mit Blicken, Gesten und Mimik lässt sich hervorragend manipulieren. Das Prinzip bleibt das Gleiche: eine Person versucht durch Kommunikation eine andere Person zu bestimmten Handlungen oder Meinungen zu bewegen. So weiß das Kind bei einem durchdringenden Blick, einem schief gelegten Kopf oder einem erhobenen Finger sofort, dass damit etwas Bestimmtes erwartet wird. Je nachdem, welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn darauf nicht in der erwarteten Form reagiert wird, wird es sein Handeln dennoch weiterführen, kooperieren oder „gehorchen“.
Ist manipulative Kommunikation ein geeignetes Erziehungsmittel?
Die Frage bleibt nun: Ist es okay, solche manipulativen Strategien in der Begleitung von Kindern einzusetzen oder nicht?
Die Antwort darauf ist genauso wie die Frage, welche „Erziehung“ nun die beste sei, abhängig davon, welches Ziel dabei als erstrebenswert angesehen wird. Stehen hierbei Disziplin und Leistung an oberster Stelle, werden Belohnung/Lob und Bestrafung wahrscheinlich als geeignete und legitime kommunikative Mittel angesehen. Leiten jedoch Beziehung, Empathie und Gleichwürdigkeit die Begleitung, kann Manipulation niemals das Mittel der Wahl sein. Selbstverständlich gibt es auch hier Graustufen und es geht keineswegs um Perfektion – die gibt es in der Elternschaft nicht. Es geht vielmehr um eine gewisse Grundhaltung, die nach Kooperation und Eigenständigkeit statt Fremdbestimmung und Gehorsam trachtet.
Autorin: Cornelia Miller, MSc